L‑3, ‑2, ‑1 … Liftoff … der tatsächliche Lift off wird erst 2024 sein, wenn die Astronauten mit NASA-Raumschiff Orion MPCV mit Antriebskomponenten der ESA (European Space Agency – europäische Weltraumorganisation) auf dem Mond landen werden, geschieht dies vor allem auf Basis der Kompetenzen der ArianeGroup Deutschland und Frankreich.
L‑3, ‑2, ‑1 … Liftoff … und Zeit endlich mal der Reihe nach zu berichten, damit verständlich wird, worum es geht und was daran für RM so besonders und fast schon spektakulär ist.
Das Orion MPCV (vormals nur als Multi-Purpose Crew Vehicle bezeichnet) ist DAS US-amerikanische bemannte Raumfahrzeug der NASA, das in Zusammenarbeit mit der ESA gebaut wird und Menschen wieder zum Mond bringen soll.
Achtung: Raumfahrer sind Flieger und Flieger lieben Abkürzungen…und deshalb gibt es auch in diesem Projekt so einige davon…
Die europäische Weltraumagentur ESA liefert einen zentralen Teil des Raumschiffs, das Europäische Servicemodul (ESM), das für Antrieb, Klimatisierung und die Versorgung mit Strom, Wasser und Atemluft sorgt, und möchte im „Tausch“ auch europäische Astronauten mitfliegen lassen.
ArianeGroup hat mit Airbus Defence and Space (Airbus DS ist Hauptauftragnehmer der Europäischen Weltraumorganisation ESA) mehrere Vereinbarungen über die Anpassung und Produktion für das dritte Flugmodell des Europäischen Servicemoduls (ESM) des Orion-Raumschiffs unterzeichnet.
So…und nun kommen langsam wir ins Spiel … ArianeGroup hat uns unterbeauftragt, Teile für die Haltestruktur des PCA zu produzieren. Das PCA (Pressure Control Array) regelt den Druck der Kraftstoffversorgung der Steuerventile aus den Vorratstanks an Bord des Raumschiffs und damit den Druck der Treibstoffversorgung zu den Steuereinheiten der Lagekontrolltriebwerke.
Unsere Zusammenarbeit mit ArianeGroup bei diesem Projekt begann schon im Jahr 2016 … es wurde ein erstes Flugmodell gebaut, diverse Tests erfolgreich absolviert und die ersten Teile wurden produziert und anschließend freigegeben. Dabei handelte es sich um die “Flugmodelle 1 und 2”.
Im März 2020 begann die Arbeit an Flugmodell 3–6 und wir erhielten die Bestellung für die Produktion von Bauteilen des PCA für die Lageregelsysteme der Orion-Mondmission Artemis III der NASA.
So haben wir diese Teile für die Steuereinheiten der 4 weiteren Flugmodelle produziert.
Ein bisschen “Zahlenstaunen” aus der Produktion:
- wir haben in Summe 437 Teile hergestellt
- dies waren 1987 Fertigungsarbeitsgänge
- aufgeteilt in 350 Projektpositionen
- es waren 8216 Zwischenproduktionsstufen bis zum Endprodukt notwendig
- was ebenfalls 8216 Messprotokolle beinhaltete
Von ganz einfachen Drehteilen bis hin zu hochkomplexen Frästeilen mit mehreren Spannungen und Bearbeitungsschritten, Zwischenmessungen und höchst engen Toleranzen.
Eine große Hilfe bei der Produktion stellte wiederum unsere Software PAS dar, in der die Daten aus einem ähnlichen Projekt von ArianeGroup gespeichert und hinterlegt waren, sodass unsere Mitarbeiter aus der internen Wissensdatenbank die notwendigen Informationen abrufen, aus den Datencontainern die Programme übernehmen und kleinere Änderungen, so wie Anpassungen an die neuen Zeichnungen dadurch schneller und leichter für den Projektstart bereit haben konnten.
Solche Projekte erfordern eine sehr komplexe und aufwendig zu verwaltende Freigabestruktur.
Wir können dies im PAS führen und die geforderten Freigaben, die für bemannte Raumfahrt unerlässlich sind, ohne Probleme steuern und dokumentieren, denn genau für solch ein Projekt wurde die Software programmiert.
Das macht den Unterschied… den Unterschied, um solche Projekt auch als kleines Unternehmen erhalten und stemmen zu können.
Die Fähigkeiten und Fertigkeiten durch die Verwendung der eigenen Software, unsere Möglichkeit zu haargenauen oder infrarot-genauen Messungen, unsere mit Qualitätsmanagement kontrollierten internen Abläufe und unsere Mitarbeiter mit langjähriger Erfahrung in der Einzelteilfertigung, deren Expertise in allen Schritten der Produktion zu sehen, zu erleben und eindrücklich in der präzisen Bearbeitung zu erkennen ist, all das bildet die Grundlage für die Mitarbeit bei solchen Projekten.
Im nebenstehenden Screenshot sehen Sie den Projektbaum im PAS zum MPCV-Auftrag.
Gleichzeit macht aber die Zusammenarbeit bei Projekten mit besonderem Verwaltungsaufwand, einer notwendigen Freigabestruktur und Einhalten von Qualitätsnormen, auch eine immer aufwendigere Organisation, um die eigentliche Produktion herum unerlässlich.
Es sind zusätzliche Schreibtischarbeiten für die Verwaltung im PAS vonnöten.
Dazu jede Menge Papierverwaltung in Form von Ausdrucken und Einscannen, in Form von Kundenmappen, die es zu führen gilt. Warenein- und Ausgangsverwaltung mit Vereinnahmung und Auslieferung von und zu den Subunternehmern für die externen Prozesse, wie zum Beispiel Beizen. Das heißt die produktionsbegleitende Dokumentationen nimmt deutlich mehr Raum ein, als bei anderen Projekten. Unsere AV brauchte hierfür Unterstützung aus anderen Ressorts, um der mächtigen Aufgabe gewachsen zu sein. Und die oftmals so “unnötig erscheinenden” Qualitätsmanagementstrukturen sind plötzlich die Basis aller Aufgaben und ohne diese nicht machbar.
Dazu kommen bei der Zusammenarbeit mit den großen Firmen auch die Benutzung von Portalen, Clouds oder anderen Onlineverwaltungen, die manchmal äußerst zeitraubend sind, da nicht direkt nachgefragt werden kann, es keine Verhandlungsmöglichkeit bei auftretenden Störungen oder Problemen gibt und kein konkreter Ansprechpartner zur Verfügung steht. Dadurch sind viele Telefonate oder Nachfragen von unserer oder auch Kundenseite nötig.
Die pandemische Lage erschwert solche komplexen Abläufe, die auch noch mit Stellen im Ausland koordiniert werden, da sich viele Mitarbeiter im Homeoffice befinden und eine schnelle und unkomplizierte Synchronisation dadurch nicht immer möglich ist, sondern schwierige Terminabsprachen den Produktionsablauf in diesen Zeiten durchaus signifikant hemmen.
Dies gilt es bei der Planung zu überdenken und sich darauf einzustellen. Es ist nun einfach anders, aber “vergiss nicht: anders bedeutet nicht schlechter. Manchmal bringt Andersartigkeit etwas Licht und Spannung in diese graue Welt.”
Spannend ist es definitv…schon die Vorstellung, dass diese Teile für das MPCV tatsächlich Menschen ins All bringen werden, ist spannend und lässt auf jeden Fall die riesige Verantwortung, an die Sorgfalt und Genauigkeit, oftmals den Schlaf schlechter werden, weil der Druck zur Perfektion auf den einzelnen Mitarbeitern von RM lastet und gleichzeitig sorgt der Stolz bei solchen Projekten mitarbeiten zu können, zu Motivation und Leistungssteigerung und Freude.
Es ist, wie Antoine de Sain-Exupéry sagte: „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“
Wenn man den Menschen die Unendlichkeit der Möglichkeiten des Alls vor Augen malt und ihnen zeigt, dass sie daran mitarbeiten können, diese Möglichkeiten zu gestalten, Grundlagen zu legen und Teil einer Reise ins All sein werden, weckt das Begeisterung. Und so wird aus “Unmöglich” ein “wir haben es geschafft”.
… was beim ″Drübernachdenken″ immer wieder spektakulär ist.
Bild des Beitrages:
Startendes Orion-Raumschiff mit europäischem Servicemodul und SLS-Zweitstufe auf dem Weg ins All…
(Quelle: Von NASA — http://mobile.nasa.gov/sls/interim_cryogenic_propulsion_stage_141030.html, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37216050 )
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