Diesen Artikel hat Herr Ruess vom IHM KIT für uns geschrieben und uns die Genehmi­gung erteilt, ihnen im RMNova zur Ver­fü­gung zu stellen. Viel Vergnü­gen beim Lesen!

Das Gyro­tron ist eine Vaku­um­röhre (Elek­tro­nen­röhre) die Mikrow­ellen­strahlung erzeugt. Das Gyro­tron ist der einzig bekan­nte Oszil­la­tor, mit welchem Aus­gangsleis­tun­gen von 1–2 MW bei einem gle­ichzeit­i­gen Wirkungs­grad von bis zu 50 % im Dauer­strich­be­trieb im Mikrow­ellen­bere­ich von ca. 30–300 GHz erzeugt wer­den können.

Diese erzeugte Mikrow­ellen­leis­tun­gen im Bere­ich von bis zu 2 MW wer­den für die Plas­ma­heizung und ‑kon­trolle bei Fusion­sex­per­i­menten und zukün­fti­gen Fusion­sreak­toren benötigt, speziell für die Elek­tro­nen­zyk­lotron­res­o­nanzheizung (englisch: Elec­tron Cyclotron Res­o­nance Heat­ing (ECRH)) und die Sta­bil­isierung von Plas­matur­bu­len­zen. Für das welt­größte Plas­ma­ex­per­i­ment nach dem Stel­lara­tor Prinzip, Wen­del­stein 7‑X (W7‑X) in Greif­swald, wur­den am Karl­sruher Insti­tut für Tech­nolo­gie (KIT) gemein­sam mit dem indus­triellen Part­ner Thales, Frankre­ich, die Gyro­trons mit ein­er Leis­tung von 1 MW und ein­er Betrieb­s­fre­quenz von 140 GHz entwick­elt, die dann bei Thales gebaut wur­den. Für ITER (englisch für Inter­na­tion­al Ther­monu­clear Exper­i­men­tal Reac­tor; lateinisch für das Wort Weg, Marsch oder Reise) in Cadarache, Frankre­ich, wer­den Gyro­trons mit ein­er Leis­tung von 1 MW bei ein­er Betrieb­s­fre­quenz von 170 GHz einge­set­zt werden.

Der schema­tis­che Auf­bau eines Gyro­trons mit trans­ver­saler Strahlauskop­plung ist in Abbil­dung 1 zu sehen. Bei allen Vaku­um­röhren erfol­gt die Erzeu­gung ein­er hochfre­quenten Leis­tung durch die Wech­sel­wirkung eines hoch­en­er­getis­chen Elek­tro­nen­strahls mit einem hochfre­quenten elek­tro­mag­netis­chen Feld. Bei Hochleis­tungsröhren wird der hoch­en­er­getis­che Elek­tro­nen­strahl durch ther­mis­che Emis­sion erzeugt. Ein auf ca. 1200 °C betrieben­er Emit­ter emit­tiert die Elek­tro­nen, die danach mit­tels ein­er anliegen­den Hochspan­nung im Kilo­volt-Bere­ich beschle­u­nigt wer­den. Die Elek­tro­nen fol­gen dabei den Feldlin­ien eines axi­alen Mag­net­feldes eines supralei­t­en­den Mag­neten. Die Mag­net­feld­stärke hängt hier­bei von der Betrieb­s­fre­quenz ab. Für eine Fre­quenz von 170 GHz wird im Wech­sel­wirkungsraum ein sta­tis­ches Mag­net­feld von unge­fähr 6.7 T (Tes­la — SI Ein­heit der mag­netis­chen Flußdichte) benötigt. Durch die Gyra­tion der Elek­tro­nen senkrecht zum Mag­net­feld beschreiben sie inner­halb des Hohlstrahls helikale Bah­nen mit einem definierten Rota­tion­sra­dius (Lar­mor-Radius), welch­er deut­lich klein­er wie der Strahlra­dius ist. Nach der Emis­sion der Elek­tro­nen erfol­gt die Strahlkom­pres­sion­szone, in dem der Elek­tro­nen­strahl über ein steigen­des Mag­net­feld kom­prim­iert wird. Dabei wird axi­ale kinetis­che Energie in trans­ver­sale kinetis­che Energie umge­wan­delt. Im anschließen­den zylin­drischen Wech­sel­wirkungsraum geben die Elek­tro­nen, welche sich auf Zyk­loiden­bah­nen mit ein­er rel­a­tivis­tis­chen Geschwindigkeit bewe­gen, einen Teil ihrer trans­ver­salen kinetis­chen Energie an ein trans­ver­sal elek­trisches Feld ab. Es wird eine trans­ver­sal elek­trische (TE) Mode mit sehr hoher Umfangs- und hoher Radi­alord­nung angeregt. Bei dieser Wech­sel­wirkung wer­den Wand­be­las­tun­gen von bis zu 2 kW/cm2 erre­icht. Für das W7‑X Gyro­tron, welch­es in Greif­swald im Ein­satz ist, ist dies die TE28,8‑Mode und für das Europäis­che ITER Gyro­tron ist dies die TE32,9 Mode. Damit muss aus mehreren tausend möglichen aus­bre­itungs­fähi­gen Mod­en, immer die richtige Mode angeregt werden.
Auf den Wech­sel­wirkungs­bere­ich fol­gt das qua­si-optis­che Wan­dler­sys­tem, welch­es die in Form ein­er Hohlleit­er­mode vor­liegende Leis­tung über einen soge­nan­nten Launch­er (Wellen­leit­er­an­tenne) und mehrere met­allis­che Spiegel in eine Freiraumwelle vom Typ des fun­da­men­tal­en Gaußs­trahls TEM00 umwan­delt. Hier­bei erfol­gt durch trans­ver­sale Strahlauskop­plung auch gle­ichzeit­ig eine Tren­nung vom ver­braucht­en Elek­tro­nen­strahl, welch­er in der Wand des Kollek­tors aufge­fan­gen wird.

Die Auskop­plung des Gaußs­trahls erfol­gt durch ein elek­trisch trans­par­entes Fen­ster, welch­es heutzu­tage typ­is­cher­weise aus kün­stlichem Saphir oder CVD-Dia­mant (chem­i­cal vapour depo­si­tion) gefer­tigt ist. Die Notwendigkeit eines solchen Fen­sters ergibt sich haupt­säch­lich aus dem Hochvaku­um, welch­es für den Betrieb im Innern des Gyro­trons herrschen muss. Hin­ter dem Fen­ster wird der Strahl in der Anwen­dung meist von über­modi­gen Hohlleit­ern oder weit­eren qua­si-optis­chen Abbil­dungssys­te­men an seinen Bes­tim­mung­sort (Plas­ma Kessel) geleitet.

Zeichnung_Gyrotron

Bild: Schema­tis­ch­er Auf­bau eines 2 MW 170 GHz Hochleis­tungs­gy­ro­trons mit koax­i­aler Kav­ität [1].

[1] T. Rzes­nic­ki, Analyse eines neuar­ti­gen 1.5 MW, 170 GHz Pro­to­type-Gyro­trons mit koax­i­alem Res­onator, Dis­ser­ta­tion, Karl­sruhe Insti­tut für Tech­nol­o­gy, 2007.